Das Entgraten undefinierter Kanten wird noch heute meist zeitintensiv von Hand durchgeführt. Beabsichtigt man allerdings im Rahmen einer Automatisierung, auch das Entgraten in einen flexiblen Fertigungsprozess zu integrieren, bedarf es entsprechender Entgratwerkzeuge. Das Unternehmen Wolfensberger AG macht hier mit dem Entgratwerkzeug engraflexx EC von Gravostar Technologies ausgezeichnete Erfahrungen. Und das obwohl die ursprüngliche Automatisierung zunächst auf Eis gelegt ist.
Auslöser war ein Automatisierungskonzept. Für die Solartechnik sollten beim Unternehmen Wolfensberger im Schweizerischen Bauma, nahe Zürich, ursprünglich Bauteile aus Sphäroguss in hohen Stückzahlen gefertigt werden. Da war es den Verantwortlichen wichtig, die Werkstücke komplett fertig bearbeitet von der Maschine zu bekommen. So weit war für Peter Reusser, Leiter der Zerspanungstechnik und Logistik bei der Wolfensberger AG auch alles klar definiert: „Wir wollten dieses Projekt mit einem flexiblen Fertigungssystem automatisieren. Für mich war das Anfangs kein Problem, bis mich unsere Mitarbeiter auf das Thema des Entgratens aufmerksam machten. Das war der Grund, weshalb wir nach einer Lösung suchten.“ Die Lösung war zu diesem Zeitpunkt allerdings im Haus schon bekannt. Der Geschäftsführer des Unternehmens Gravostar Technologies, Urs Schiltknecht hatte die neu entwickelten Entgratwerkzeuge engraflexx EC bereits vorgestellt und bei Wolfensberger wegen Praxistests unter Produktionsbedingungen angefragt. Das Problem war allerdings, dass das Werkzeug nicht zu funktionieren schien. Der Grund hierfür war, dass man die Kontur der Gussteile mit dem Fräser eins zu eins abfuhr. Durch die mögliche Auslenkung der Werkzeuge aber ist es wichtig, den Fräser neben der Kontur anzusetzen. Da durch die unregelmässigen Oberflächen bzw. Konturen beim Guss ein Entgraten mit herkömmlichen Fräsern nicht möglich war, wurde das Entgraten bei Wolfensberger deshalb weiter von Hand durchgeführt. Eine Situation mit der sich Peter Reusser nicht zufrieden geben wollte. Zumal der Hersteller des engraflexx EC verspricht, dass durch die flexibel auslenkbare Spindel alle Abweichungen zwischen programmierter und effektiver Werkstück-Kontur automatisch ausglichen werden. So ist gewährleistet, dass jede abgefahrene Kante unabhängig von den Positionsdifferenzen immer gleichmässig entgratet wird.
Die Optik spielt immer eine Rolle
Das Projekt mit den grossen Stückzahlen ist im Bauma mittlerweile ebenso auf Eis gelegt wie die angestrebte Automatisierung. Dennoch setzt man jetzt insgesamt drei dieser Entgratwerkzeuge ein. Man hatte das Werkzeugsystem in einem zweiten Anlauf nochmals getestet und für gut befunden. Das war wichtig, denn man wollte das Problem des Entgratens, auch aus wirtschaftlichen Gründen in den Griff bekommen und für eventuell künftige Automatisierungen gerüstet sein. Für René Keller, dem Leiter der CNC-Fertigung bei Wolfensberger ist der Einsatz der Entgratwerkzeuge allerdings nicht als „Allheilmittel“ zu sehen: „Das Entgraten innerhalb des Fertigungsprozess ist zunächst sicher motivierend für die Mitarbeiter. Es verlängert allerdings auch die Maschinenlaufzeiten. Deshalb muss man hier Abwägen zwischen Bearbeitungszeiten und Stückzahlen“. Peter Reusser sieht allerdings alles was keine Wertschöpfung bringt als Verschwendung und dazu zählt auch das Handling der Werkstücke zum manuellen Entgraten. Deshalb ist das Werkzeugsystem engraflexx bei Losgrössen zwischen 10 und 100 Stück, und zahlreichen Wiederholteilen häufig im Einsatz: „Man mag das vielleicht Schweizer Overengineering nennen aber unsere Kunden legen auch Wert auf optische Qualität und die erreichen wir damit“.
Nahezu grenzenlos einsetzbar
Das Entgraten ist seit Jahren ein Thema. Vor allem wenn es wie bei Wolfensberger vorrangig um Guss, also um undefinierte Konturen geht, denn mit herkömmlichen Werkzeugen kommt es unweigerlich zu unterschiedliche Breiten der Phasen. Umso mehr verwundert es, dass man bei Wolfensberger ausser Gravostar Technologies keinen weiteren Anbieter fand. Dazu Urs Schiltknecht: „Es gibt einige Hersteller, die ähnliche Werkzeuge anbieten. Das Problem beim Einsatz im BZA ist jedoch, dass alle diese Werkzeuge mit einer Druckluftspindel arbeiten und eine Luftzufuhr häufig an der Maschine nicht zur Verfügung steht. Der engraflexx EC dagegen ist überall ohne Zusatzinstallation problemlos zu integrieren und wird wie ein Fräser eingesetzt. Das heisst, die Einwechslung erfolgt automatisch über das vorhandene Werkzeugwechselsystem, der Antrieb direkt über die Maschinenspindel“. Im Umkehrschluss bedeutet das, alles was programmierbar ist, ist zu entgraten. Da machen auch die Verantwortlichen in Bauma keine Einschränkungen, denn bislang ist man noch nicht an Grenzen gestossen.
Die Wolfensberger AG in Blickpunkt
Ob Teile für hydrodynamische Bremsen, Düsenringe zu Turboladern oder Komponenten für Bahnwagen der Schweizerischen Bundesbahnen SBB: Gussprodukte von Wolfensberger in den unterschiedlichsten Werkstoffen sind weltweit zu finden. Zudem wurde vor Jahren die Wolfensberger Zerspanungstechnik als Lohnfertiger und Wertschöpfungspartner aufgebaut. Mit 50 Mitarbeitern konzentriert man sich hier unter anderem auf die wirtschaftliche Bearbeitung schwieriger Werkstoffe und komplexer Bauteile, die Beschaffung von Zukaufteilen sowie die Übernahme von Dispositions,- Planungs- und Steuerungsaufgaben innerhalb der Wertschöpfungskette.
Interessantes am Rande
Der keramische Genauguss wurde von der Wolfensberger AG weiterentwickelt und unter dem eigenen Markennamen Exacast® registriert. Der einzigartige Vorteil ist dabei, die präzise Herstellung von anspruchsvollen Teilen. Dauermodelle aus Kunststoff, Metall, Holz oder Silikonkautschuk werden mit einem schnell härtenden Keramikschlicker abgeformt und anschliessend gebrannt. Bei der Wahl des Werkstoffes sind im Stahl- und Eisenbereich praktisch keine Grenzen gesetzt.
Nebenbei bemerkt
Peter Reusser: „Der Einsatz dieser Entgratwerkzeuge kann vor allem bei mannlosen Schichten überzeugen. Man hat damit am nächsten Morgen komplett fertig bearbeitete Werkstücke und muss nicht mit einer Nacharbeit beginnen“.
Quelle: Schweizer Maschinenmarkt