Die Automatisierung scheitert häufig an zu geringen Stückzahlen. Speziell bei bestehenden Prozessen ist es aber häufig auch der Zeitmangel, der optimierende Massnahmen verhindert. Das war beim Unternehmen Knödler-Getriebe in Ostfil-dem nicht anders. Das änderte sich erst mit der kompletten Umstrukturierung der Fertigung. Im Rahmen dieser Straffung ging es vor allem um die Reduzierung von Durchlaufzeiten. Bei der Bearbeitung von Motorgehäusen ist man diesem Ziel mit dem Entgratwerkzeug engraflexx EC einen grossen Schritt näher gekommen.
Die Idee, undefinierte Kanten automatisiert zu entgraten, wurde aus dem Ziel geboren, die Durchlaufzeiten zu reduzieren. Für Motorgehäuse, die in drei Spannungen ausschliesslich auf einem Bearbeitungszentrum Heller MCH 450 gefertigt werden, war nach der Bearbeitung noch ein Zwischenstopp für Tieflochbohrungen auf einer Radialbohrmaschine notwendig. Im Anschluss daran gingen die Bauteile für gewöhnlich zum Entgraten und danach in eine Auswaschstation. Für gewöhnlich deshalb, weil die Gehäuse häufig auf den Transportwegen zum Entgraten, Waschen etc. auf Paletten in den Werkshallen zwischengelagert wurden und bis zum nächsten Bearbeitungs-schritt manchmal Tage vergingen. Erschwert wurde diese Situation durch die Tatsache, dass man den aktuellen sowie den absehbaren Bedarf der Gehäuse fertigte. Das hatte einerseits lange Durchlaufzeiten, andererseits eine intensive Lagerhaltung und damit eine hohe Kapitalbindung zur Folge. 2012 stellte man in Ostfildern deshalb die gesamte Fertigung um. Die Radialbohrmaschine wurde eliminiert, die Tieflochbohrungen auf der MCH 450 eingebracht. Um auch das Entgraten der Bauteile zu automatisieren, wurde vom Unternehmen Gravostar Technologies im Schweizerischen Oberuzwil das Entgratwerkzeug engraflexx EC als Testwerkzeug geordert.
Betriebsleiter Markus Kirchner wusste zwar schon seit 2010 von der Existenz solcher Werkzeuge, sah aber vorher noch nicht deren Bedarf: „Das Problem ist doch, dass man im Alltagsgeschäft nicht die Zeit findet, sich mit derartigen Neuerungen für Bestandsprodukte intensiv zu beschäftigen. Im konkreten Fall aber mussten wir in der Fertigungsorganisation etwas tun, um unseren „Kunden Montage“ zeitnah beliefern zu können. Mit dem automatisierten Entgraten sind wir dem einen grossen Schritt näher gekommen.“ Das heisst, die Motorgehäuse werden jetzt inklusive Entgraten komplett fertig bearbeitet, gehen vom Bearbeitungszentrum in die Waschstation und im Anschluss in die Montage. Entgratet hat man in Ostfildern zwar schon immer, allerdings nur die definierten Kanten. Bei den Motorgehäusen ging es um das Restentgraten undefinierter Kanten. Das wurde bis dahin auf Grund der hohen Teilevielfalt mit zirka 3.000 verschiedenen Gehäusearten und 250 unterschiedlichen Gussteilen noch manuell durchgeführt. Für Wolfgang Skrok, verantwortlich für die AV und Programmierung ist beim automatisierten Entgraten undefinierter Kanten allerdings dann doch einiges zu beachten: Das Programmieren an sich ist nicht aufwändig. Bei definierten Kanten arbeitet man ja mit definierten Werkzeugdurchmessern. Bei der Bearbeitung von Rohguss dagegen kommt es zu enormen Schwankungen. Das war auch für uns Neuland, wir mussten uns deshalb mit Radiuskorrekturen Anfahrstrategien, Feinjustierungen an der Maschinen etc. beschäftigen. Wenn man sich damit aber näher befasst hat, man das doch relativ schnell im Griff.“
Die Gesamtheit sehen statt „Brände“ löschen
Nun bewegen sich die Preise für die Entgratwerkzeuge engraflexx EC nicht gerade in Discountbereich, so Urs Schiltknecht, Geschäftsführer der Gravostar Technologies: „Das wollen wir auch nicht, uns ist viel wichtiger, dass damit eine absolute Prozesssicherheit gegeben ist und wir einen entsprechenden Service bieten können.“ Einen Service, den man wie es scheint nur zu Beginn benötigt, denn seit Beginn arbeitet man bei Knödler noch mit dem gleichen Frässtift. Das heisst, trotz der enormen Toleranzen kam es noch zu keinem Werkzeugbruch- oder -verschleiss. Dafür konnte man in Ostfildern schon auf Grund der geringeren Werkstücktransporte die Kosten enorm senken. Statt per Kran von der Maschine zum Entgraten, von Zwischenstation zu Zwischenstation, geht es nun direkt von der Maschine zum Auswaschen. Da man für die Maschine ein gewisses Teilespektrum definiert hat, sinken zudem die Rüstzeiten und man muss über zwei Schichten nicht zwei Mitarbeiter stationieren. Im Gegenteil, die Mitarbeiter lassen die Maschinen laufen.
Damit reduziert sich der Maschinenstundensatz, das Produkt wird günstiger, das Unternehmen Knödler wettbewerbsfähiger. Der vermeintliche Nachteil der längeren Maschinenlaufzeit durch das automatisierte Entgraten ist so schnell entkräftet. In Ostfildern fährt man mit 3.000 m/ min Vorschub, das sind pro Gehäuse zwischen zwei bis drei Minuten. Bei Losgrössen — je nach Gehäusetyp — von 30 Stück ist das sicher zu vernachlässigen, macht aber gleichzeitig deutlich, dass das automatisierte Entgraten sich in der Serienfertigung immer rechnen würde. Dass man in diesem Bereich aber noch nicht so weit ist, dafür hat Urs Schiltknecht ein plausible Erklärung: „Es ist tatsächlich so, dass man für solch eine Umstellung meist die Zeit nicht hat. Meine Erfahrung hat gezeigt, dass meist erst dann gehandelt wird, wenn man „Brände“ löschen muss.“ Dem kann sich Markus Kirchner nur anschliessen: „Auch ich habe diese Entscheidung aus Zeitgründen geschoben und geschoben. Ein anderes Problem ist allerdings auch, dass man sich bei Optimierungen häufig nur auf die Maschinen fokussiert, man aber alles in der Gesamtheit sehen muss.“
Dass man hier in Ostfildern mittlerweile die richtige Sichtweise hat, macht das Fazit nach einem Jahr engraflexx EC deutlich. Demnach wird man Überlegungen anstellen, mehrere Maschinen damit auszurüsten.
Quelle: FRÄSEN + BOHREN